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S. Schulz, R. Klar, T. Auhuber, U. Schrader
(Abteilung Medizinische Informatik, Universität Freiburg),
A. Koop (Institut für Medizinische Statistik,
Informatik und Epidemiologie, Universität Köln),
R. Kreutz (Institut für Medizinische Informatik,
Klinikum Aachen),
R. Oppermann, H. Simm (GMD-FIT, St. Augustin)
01.02.1999
Der vorliegende Qualitätskriterienkatalog
für elektronische Publikationen in der Medizin ist Resultat längerer
Erfahrung mit elektronischen Medien des Arbeitskreises "CBT" der Deutschen
Gesellschaft für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie
(GMDS).
Motiv für die Zusammenstellung von Qualitätskriterien
war die Feststellung, daß Produkte aus dem Bereich "Neue Medien"
nach wie vor deutliche Mängel aufweisen. Wir erheben die Forderung
nach Qualität bewußt aus der Benutzer- (Kunden-) Perspektive
und gehen dabei von der Prämisse aus, daß die Chance der neuen
Medien im Mehrwert an Effizienz und Motivation im Umgang mit fachlicher
Information und im Erwerb von Wissen und Fertigkeiten bei gleichzeitiger
Einfachheit in der Bedienung liegt.
Die Kriterien verstehen sich nicht als "KO-Kriterien", sondern als entwicklungsbegleitende und bewertende Leitlinien. Dabei
hängt es vom jeweiligen Produkt ab, welche Kriterien überhaupt
anwendbar sind.
Die allgemeine Formulierung von Qualitätskriterien
wird in der folgenden Systematik auf den Bereich der Medizinanwendungen
exemplarisch konkretisiert, gilt aber auch für andere Anwendungsbereiche.
Viele Forderungen sind auf der Basis konkreter Negativ-Exempel
entstanden. Dies bedingt auch wesentlich den Detaillierungsgrad des Kriterienkatalogs.
Manche, als banal erscheinende Punkte sind bewußt mit aufgenommen,
wenn gegen sie häufig und mit gravierenden Auswirkungen auf die Benutzbarkeit
der Anwendung verstoßen wird. Andere Bereiche sind dagegen eher oberflächlich
behandelt, wenn für sie ohnehin eine gesonderte Qualitätsbetrachtung
- unabhängig vom Bezug zu elektronischen Publikationen - zu fordern
ist (Beispiel: fachliche Inhalte, Medientechnik).
Dieser Katalog enthält keine Hinweise zur Entscheidungsfindung,
ob elektronische Publikationen überhaupt innerhalb von medizinischen
Ausbildungs- und Lehrplänen, zur Patientenschulung oder als Bestandteile
medizinischer Arbeitsplätze sinnvoll einzusetzen sind. Für den
didaktischen Einsatz vorhandener Lernsoftware, sowie für die gezielte
Entwicklung von Lernmodulen für den medizinischen Unterricht ist zu
fordern, daß ein Implementierungskonzept erstellt wird und daß
die Relevanz dieser Medien für die angestrebten Lerninhalte sichergestellt
ist. Ähnliche Überlegungen sind auch für die Bereitstellung
elektronischer Publikationen an medizinischen Arbeitsplätzen anzustreben.
Der Kriterienkatalog erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
und bedarf in bezug auf weitere technologische Entwicklungen einer permanenten
Fortschreibung. Hinweise, Anregungen, Material und Kritik werden gerne
entgegengenommen (stschulz@uni-freiburg.de).
Wir weisen darauf hin, daß wir uns aus Gründen
der besseren Lesbarkeit auf die Verwendung männlicher Substantive
(Benutzer, Student) bzw. Pronomina beschränken, uns damit jedoch grundsätzlich
im gleichen Maße auch auf weibliche Personen (Benutzerin, Studentin)
beziehen.
Dem eigentlichen Kriterienkatalog wird ein Kapitel
zur Begriffsbestimmung (Einschluß- und Ausschlußbedingungen)
vorangestellt.
|
CD-ROM-Technologie und Internet haben dazu geführt,
daß ein rasch wachsendes Angebot medizinischer elektronischer Publikationen
der Öffentlichkeit zur Verfügung steht. Die noch vor einigen
Jahren strikte Trennung in Lehr- und Lernsysteme (CBT = computer based
training), medizinische Datenbanken, wissensbasierte Systeme zur Entscheidungsunterstützung
und elektronische Bücher läßt sich nicht mehr aufrechterhalten,
seit Hypertext, Multimedia und Internet zu einer radikalen Neubewertung
des Mediums Computer und einer zunehmenden Vermischung dieser Kategorien
geführt haben.
Aufgrund der weitgehenden Vereinheitlichung bezüglich
Plattformen, Datenträger und Vertriebskanälen erscheint es uns
geboten, Elektronische Publikationen in der Medizin (im folgenden als EPM
abgekürzt) als Gattung folgendermaßen zu definieren:
-
Gegenstand von EPMs ist praktisches und theoretisches
Wissen, bezogen auf Gesundheitswesen und Gesundheitswissenschaften.
-
Zielgruppe sind in erster Linie in Gesundheitsberufen
tätige, studierende oder auszubildende Personen. Ferner schließen
wir auch Publikationen medizinischen Inhalts ein, die sich an interessierte
Laien und Patienten richten.
-
EPMs dienen dem Erwerb, der Vertiefung, der Wiederholung,
der Selbstüberprüfung und der Recherche von praktischen und theoretischen
Wissensinhalten.
-
"Publikation" bedeutet, daß EPMs öffentlich
verfügbar sind, was aber nicht heißen muß, daß es
sich um kommerzielle Produkte handelt. Die Publikationskanäle sind
dabei unerheblich (WWW, CD-ROM).
Wir grenzen EPMs bewußt ab von anderen im Gesundheitswesen
benutzten Softwareprodukten wie
-
Anwendungen mit Werkzeugcharakter (z. B. Textverarbeitungen,
Präsentationswerkzeuge, Expertensystem-Shells), da diese keine Inhalte
transportieren.
-
Klinik- oder Praxisinformationssysteme für die
patientenbezogene Datenverarbeitung.
-
Statistikprogramme für die Auswertung medizinischer
oder administrativer Daten.
-
Elektronische oder halb-elektronische Publikationen,
welche sich analoger Techniken bedienen (Videopublikationen, Tonbildschauen,
tonträgerbasierte Publikationen).
Der Kriterienkatalog umfaßt keine Kriterien für
folgende mögliche Elemente von EPMs:
-
Proprietäre Ein-/Ausgabegeräte und deren Auswirkung
auf die Programmsteuerung.
-
Verteiltes, kooperatives Lernen.
-
Werkzeuge zum Editieren und Modifizieren von Inhalten
durch den Nutzer.
|
Die Erstellung qualitativ hochwertiger EPMs erfordert:
-
Inhaltliche Kompetenz
-
Softwaretechnische Kompetenz
-
Medientechnische Kompetenz
-
Designkompetenz
-
Didaktische Kompetenz
Der nun folgende Kriterienkatalog ist entsprechend strukturiert:
Er ist in die Abschnitte Inhalte, Technik, Informationskodierung und Prasentationsmodalitäten,
Ergonomie und Design, sowie Dialog und Didaktik aufgeteilt, wobei Überschneidungen
der einzelnen Bereiche vorkommen können.
2.1. Inhalte
Die Kriterien zur Bewertung des Inhalts elektronischer
Publikationen unterscheiden sich nicht im wesentlichen von denen, die auf
konventionelle Publikationen anzuwenden sind:
2.1.1. Autorenschaft
-
Die medizinischen Inhalte werden korrekt und umfassend
vermittelt.
-
Die Inhalte werden der Zielgruppe angemessen präsentiert.
-
Persönliche Meinungen der Autoren sind als solche
kenntlich gemacht.
-
Fachautoren, Herausgeber, Zeitangabe, Versionsnummer
sind benannt und dokumentiert.
-
Zitate und herangezogene externe Quellen sind als solche
kenntlich gemacht.
-
Bezüge zu in der Medizin gebräuchlichen Ordnungssystemen
sind hergestellt.
-
Die Aktualität des Wissens ist - durch Neuauflagen
oder ständige Aktualisierung - gewährleistet. Wissensbasen werden
regelmäßig von Experten aktuell gehalten.
-
Bei Verlagsprodukten geht der Herausgabe ein internes
(Lektorat) oder externes (Gutachter) Review-Verfahren voraus. Systeme zur
Entscheidungsunterstützung sind in der Praxis evaluiert.
2.1.2. Formale Anforderungen
-
Verlagsprodukte sind in Katalogen des Buchhandels verzeichnet
und mit einer ISBN-Nummer versehen.
-
Angaben zum Copyright sind vorhanden.
-
Die Lizenzbestimmungen enthalten zum Mehrbenutzerbetrieb
und zum Verleih klare Aussagen.
2.1.3. Zielgruppenbezug
-
Zielgruppe und Lernziele sind deutlich ausgewiesen.
-
Art und Umfang des notwendigen DV-Wissens sind deutlich
ausgewiesen.
-
Umfang und Tiefe des enthaltenen Wissens sind deutlich
ausgewiesen.
-
Bezüge zu externen Lernzielkatalogen (z.B. GK1
- GK3 im Medizinstudium) sind hergestellt.
2.2. Technik
2.2.1. Plattform
-
Die Anwendung ist für die bei der Zielgruppe zu
erwartende Systemumgebung entwickelt. Im Idealfall werden mehrere gängige
Systeme bezüglich der gesamten Funktionalität unterstützt.
-
Die Systemvoraussetzungen und -einschränkungen
sind deutlich spezifiziert.
-
Die Anwendung ist nur dann an bestimmte Bildschirmeinstellungen
(feste Auflösung oder Farbtiefe) gebunden, wenn der Inhalt dies erzwingt.
-
Mehrbenutzerbetrieb auf Multi-User-Betriebssystemen
ist berücksichtigt.
2.2.2 Hardwareabhängigkeit
-
Eine über die Norm hinausgehende Hardwareausstattung
(Monitor, Grafikkarte) ist kein Hindernis für eine optimale Präsentation.
-
Bei schlechterer technischer Ausstattung erfolgt eine
Warnung.
2.2.3. Installation / Erstaufruf
-
Die Anwendung ist direkt vom Datenträger ohne Setup-Routine
lauffähig.
-
Die Anwendung ist auch ohne Eingriff in die Systembereiche
des Betriebssystems lauffähig.
-
Die Anwendung erfordert nach der Installation keinen
System-Neustart oder manuelle Konfigurationsänderungen.
-
Wo eine lokale Installation notwendig ist, sind alle
Systemänderungen dokumentiert und eine Deinstallationsroutine vorhanden.
-
Die Möglichkeit der Fileserverinstallation ohne
Notwendigkeit separater Client-Installationen ist gegeben.
-
Es besteht die Möglichkeit der Installation auf
Applikationsservern als echte Client-Server-Anwendung (insbesondere bei
Datenbanken) mit Clients für unterschiedliche Plattformen.
2.2.4. Performanz / Flexibilität / Laufzeitverhalten
/ Schnittstellen
-
Die Anwendung ist stabil, robust gegen Bedienungsfehler,
zuverlässig und performant.
-
Anwendungen, die der schnellen Auskunft dienen, sind
auf kurze Ladezeiten hin optimiert.
-
Wo lange Antwortzeiten nicht zu vermeiden sind, wird
der Nutzer durch Warnhinweise unterrichtet.
-
Speichern benutzerspezifischer Einstellungen, Daten
und Erweiterungen (wie z. B. Annotationen) ist bei Mehrbenutzerbetrieb
in separaten und geschützten Benutzerprofilen möglich.
-
Zur Laufzeit ermittelte benutzerspezifische Daten werden
in regelmäßigen Abständen automatisch gesichert.
-
Es sind Schnittstellen zur Einbindung in komplexe Systeme
(Klinikinformationssysteme, Textretrievalsysteme) definiert. Diese sind
ausreichend dokumentiert.
2.2.5. Spezielle Kriterien für Internet-basierte
elektronische Publikationen
-
Es besteht ein vernünftiger Kompromiß zwischen
Bedienungskomfort, Ästhetik und Laufzeitverhalten, unter Berücksichtigung
realistischer Transferraten.
-
Große Bilddateien sind vor dem Herunterladen als
"Thumbnails" einsehbar.
-
Sicherheitsaspekte, gerade in Hinblick auf Plug-Ins,
sind berücksichtigt. Plug-Ins werden nur dort verwendet, wo rational
begründet.
-
Soweit Internet-basierte Publikationen ohne Online-Serveranfragen
nutzbar sind, wird die Möglichkeit eines Download des gesamten Pakets
zur Offline-Nutzung unterstützt.
-
Sinnvolle Kombinationen von Online- und Offline-Elementen
im Sinne einer Reduzierung der Kommunikationskosten sind im Rahmen der
inhaltlichen Möglichkeiten unterstützt.
-
Wo das zeitweise Verlassen einer Internet-basierten
Publikation vorgesehen ist, wird darauf hingewiesen, wie man wieder zum
Ursprungsdokument zurückkehren kann. Ein Rücksprung-Steuerelement
ist permanent vorhanden.
-
Die zu einer definierten Internet-basierten Publikation
gehörigen Seiten heben sich in ihrem Layout klar sichtbar von anderen,
nicht zugehörigen Seiten ab, um die Gefahr unbemerkten Verlassens
der Publikation zu verringern.
-
Das Öffnen neuer Browser-Fenster geschieht nur,
wo eine tatsächliche Notwendigkeit besteht und geschieht nicht unerwartet.
Haupt- und Hilfsfenster sind durch ihr Layout deutlich voneinander abgehoben.
-
Aufgrund der Flüchtigkeit Internet-basierter Publikationen,
die sich im Inhalt sowie im Bezug zu anderen (referenzierten) Dokumenten
manifestiert, ist das Datum der letzten Änderung vermerkt und außerdem
Information über die durchgeführten Änderungen abrufbar.
Die Konsistenz externer Links wird vom Autor gewährleistet.
2.3. Informationskodierung und Präsentationsmodalitäten
2.3.1. Text
Generell ist Text am Bildschirm schlechter lesbar. Die
elektronische Präsentation großer Textmengen ohne zusätzliche
Funktionalität ist daher nur sinnvoll, wenn Gründe wie Verfügbarkeit,
Aktualität, Kosten und Recherchebedarf gegen eine alleinige Veröffentlichung
als Druckwerk sprechen.
2.3.1.1. Metainformationen
-
Das Gesamttextvolumen der Publikation ist klar erkennbar.
-
Für die einzelnen Texteinheiten (Kapitel) sind
die entsprechenden Seitenanzahlen angezeigt.
-
Eine hierarchische Gliederung weist eine nachvollziehbare
Numerierung der Einzeldokumente auf.
-
Bei Vorliegen mehrerer Ordnungsprinzipien sind diese
erkennbar und anwählbar; ein sinnvoller Default ist eingestellt.
-
Metainformationen, wie Autoren, Version, evtl. Zusammenfassung,
lassen sich von überall einsehen, ohne daß dazu die aktuelle
Seite verlassen werden muß.
2.3.1.2. Formale Aspekte
-
Inhalte sind prägnant und knapp formuliert.
-
Die Texte sind stilistisch, orthografisch und grammatikalisch
korrekt. Die Interpunktion ist regelgerecht.
-
Die Einheiten zusammengesetzter Dokumente lassen sich
selektiv (zum Drucken, Abspeichern, Versenden etc.) adressieren.
2.3.1.3. Layout
-
Es herrscht Konsistenz bezüglich Layout, Schriftart
und Formatierung.
-
Größere Textmengen verwenden gut lesbare
Zeichensätze; kleine hervorzuhebende Texteinheiten können eine
individuelle Typografie aufweisen.
-
Die Bildschirmfenster erscheinen niemals "vollgeschrieben".
Das Scrollen von Text wird weitgehend vermieden.
-
Die Regel "Ein Thema - ein Textfenster" ist weitgehend
realisiert.
2.3.1.4. Abkürzungen, Fachtermini
-
Der Gebrauch von Abkürzungen ist auf die umgangssprachlich
bzw. im Fachgebiet üblichen zu beschränken.
-
Wo das Erlernen von Fachtermini fremdsprachlicher Herkunft
im Vordergrund steht, wird eine akustische Unterstützung der Aussprache
oder eine Aussprachehilfe mittels der internationalen Lautschrift angeboten.
-
Selten benutzte Abkürzungen und Fachtermini werden
mit Hilfe eines Lexikons oder Glossars erläutert. Ein Glossar ist
benutzerspezifisch erweiterbar.
2.3.1.5. Hypertext
-
Eine hypertextbasierte Publikation verfügt über
ein leistungsfähiges, möglichst intuitiv zu bedienendes Orientierungssystem.
-
Eine grafische Visualisierung des Informationsraums
steht zur Verfügung und erlaubt den direkten Zugriff auf die Informationseinheiten.
-
Verweise werden überlegt und sparsam eingesetzt.
Die Semantik der Verweise ist veranschaulicht (typisierte Verweise).
-
Wo nicht von streng sequentiellem Lesen ausgegangen
werden kann, werden nicht-explizite textuelle Verweise auf vorhergehende
Inhalte (z. B. Pronomina, "siehe oben") vermieden oder werden durch Hyperlinks
explizit gemacht.
-
Leitseiten (advanced organizers, viele Links) und Leseseiten
(wenige oder keine Links) sind deutlich voneinander abgehoben.
-
Präsentationen lassen erkennen, ob sie lose verbundene
Elemente anbieten (Auswahllisten, Schlagworte) oder zusammenhängend
zu rezipieren sind.
-
Hyperlinks zu bereits besuchten Seiten sind als solche
zu erkennen.
-
Die individuellen Navigationspfade werden in einer Historie
vollständig festgehalten und sind vorwärts und rückwärts
beschreitbar.
-
Konfigurierbare Lesezeichen und Notizblockfunktionen
(Annotationsmöglichkeiten) stehen dem Nutzer zur Verfügung.
2.3.1.6. Retrieval
-
Der gesamte Inhalt von EPMs ist mit effizienten Retrieval-Werkzeugen
durchsuchbar, die dem Verhalten und den Bedürfnissen der Benutzer
Rechnung tragen und sich optional den Benutzerinteressen zur Laufzeit anpassen.
-
Retrieval-Verfahren unterstützen Schlagwort- und
Freitextsuche, erweiterbar durch boolsche Operatoren und Wildcards.
-
Retrievalverfahren erzeugen eine nach Relevanz geordnete
Ausgabe.
-
Die Anwendung der Retrievalwerkzeuge ist in einer ausführlichen
Hilfefunktion an Beispielen veranschaulicht.
-
Retrievalverfahren tolerieren Synonyme.
-
Bei deutschsprachigen Inhalten ist im Sinne einer fehlertoleranten
Verarbeitung der Suchanfragen berücksichtigt, daß im medizinischen
Sprachgebrauch orthografische Normen oft nicht eingehalten werden (Beispiel:
Magenulcus / Magenulkus, Oedem / Ödem, Carcinom / Karzinom etc.).
2.3.2. Grafik, Animation, Filmsequenzen, Fotografien,
Tondokumente
Farbgebung, Beleuchtung, Aufnahmequalität, Sprachqualität,
Digitalisierungstechnik, Vermeidung von Artefakten genügen professionellen
Qualitätskriterien.
2.3.2.1. Grafiken und Fotografien
-
Die Farb- und Detailtreue fotografischer Darstellungen
wird bestimmten Mindestanforderungen gerecht, die durch die bei der Zielgruppe
vorhandene technische Ausstattung (z. B. z. Zt. 1 MByte-Grafikkarte) erfüllt
sind. Trotz hierdurch bedingter Kompromisse sind die Abbildungen aussagekräftig.
-
Eine "Zoom"-Funktion bringt echte Zusatzinformation
und beschränkt sich nicht auf eine Vergröberung der Bildauflösung.
-
Bilder sind mit einer eindeutigen Kennung versehen,
die kontextunabhängig ist.
2.3.2.2. Bewegtbilder
-
Animationen und Videoclips werden in erster Linie als
Informationsträger eingesetzt.
-
Als reines Gestaltungselement werden Animationen und
Videoclips wohldosiert innerhalb eines schlüssigen Designkonzepts
verwendet, wo Motivation und Spannung erzeugt werden sollen. Sie stören
weder den Programmablauf noch unterbrechen sie Lerneinheiten.
-
Animationen und Videoclips werden dort eingesetzt, wo
Sachverhalte besser als mit Texten und Fotografien vermittelt werden.
-
Filmähnliche Vor- und Abspanne sind abschaltbar
und überspringbar.
-
Videosequenzen werden nur dort verwendet, wo man von
ausreichender Auflösung und flüssigem Ablauf ausgehen kann. Auf
Filmeinlagen wird dort verzichtet, wo die Gefahr besteht, daß wegen
technisch bedingter Kompromisse diese Art der Präsentation als wenig
brauchbar und daher nicht ernstzunehmend betrachtet wird.
2.3.2.3. Akustische Kodierung
-
Wo medizinische Klangphänomene (Auskultation, Perkussion
etc.) inhaltlicher und didaktischer Gegenstand sind, werden diese nicht
nur textuell oder grafisch beschrieben, sondern sind auch als Klangdokumente
verfügbar.
-
Musikeinlagen in elektronischen Publikationen werden,
wie andere gestalterische Stilmittel, nur dort eingesetzt, wo sie motivieren,
ohne abzulenken, und wo sie als dramaturgische Effekte die Konzentration
fördern.
-
Lautstärke und Klang sind frei regelbar (und somit
auch abschaltbar).
-
Vorgelesene Inhalte lassen sich optional als Klartext
am Bildschirm einsehen und sind retrievalfähig. "Bereits gehörte"
Abschnitte sind im Textbild als solche erkennbar.
2.3.2.4. Zusammenspiel unterschiedlicher Präsentationsmodalitäten
-
Inhalt, Zielgruppe und didaktische Vorgaben bestimmen
die Auswahl der Präsentationsmodalitäten.
-
Bei Sequenzen, die vom Benutzer rezeptive Aufnahme verlangen,
wird der ungefähre erforderliche Zeitaufwand vor dem Aufruf der Sequenz
quantifiziert.
-
Den Benutzern wird zu Beginn der Anwendung vermittelt,
welchen Präsentationsformen sie begegnen werden.
-
Wo größere vorgefertigte Arzt-Patienten-Dialoge
in Lernprogrammen präsentiert werden, sind diese nicht nur textuell,
sondern auch akustisch abrufbar und eventuell mit (Bewegt)bildern unterstützt.
-
Die Gliederung in aktive (Browsing, Simulation, Lerndialog)
und rezeptive (Abspielen von Tondokumenten, Videos oder tonbildschauartigen
Präsentationen, Lesen von Text) Kommunikationselemente ist innerhalb
der Anwendung klar erkennbar.
-
Das Starten einer längeren rezeptiven Sequenz erfolgt
aktiv durch die Benutzer und kann jederzeit abgebrochen werden. Insbesondere
sind mehrere Wiederaufsetzpunkte vorhanden, ab denen der Benutzer Teile
der Sequenz wiederholen lassen kann.
-
Der Wechsel zwischen aktiven und rezeptiven Sequenzen
erfolgt im Rahmen eines für den Benutzer plausiblen Drehbuchs oder
didaktischen Programms.
-
Die ergänzende Präsentation von Information
(z. B. gesprochener Text zu einer Animation) wird zur Erhöhung des
Verständnisses eingesetzt.
-
Die Verwendung verschiedener Präsentationsformen
zur Wissensvermittlung hat in Lernsystemen Vorrang vor der rein textuellen
Wissensvermittlung, wenn dies zu einer Unterstützung des Lernvorgangs
führt.
2.4. Ergonomie und Design
In zahlreichen GUI-Richtlinien finden sich detaillierte,
oft auch widersprüchliche Vorgaben. Diese werden im folgenden nicht
einzeln aufgeführt. Lediglich auf Empfehlungen, welche für EPMs
von besonderer Bedeutung sind (und die besonders häufig mißachtet
werden), wird im folgenden eingegangen.
2.4.1. Grundanforderungen
-
Für die Bedienung sind keine DV-technischen Spezialkenntnisse
erforderlich.
-
Die Anwendung kann von jeder Stelle aus jederzeit beendet
werden.
-
Die Benutzungsoberfläche ist an gängigen GUI-Standards
orientiert, die den Benutzern vertraut sind.
-
Je höher der Interaktionsbedarf, desto notwendiger
ist die Anlehnung an GUI-Konventionen.
-
Die Grundfunktionalität erschließt sich auch
ohne vorherige Schulung oder Konsultation von Hilfetexten.
-
Mausfunktionen sind auch mit Tastaturkombinationen auslösbar.
-
Selten benötigte Funktionen sind über die
Standardmenüleiste oder über Zusatzfenster abrufbar.
2.4.2. Steuerelemente
-
Icons und Schaltflächen verwenden plausible Metaphern.
-
Die Funktion eines Steuerelements ist verständlich.
-
Merkmale der von der Zielgruppe im Alltag eingesetzten
Standardsoftware (Officepakete, Web-Browser, Mailprogramme, Betriebssystemfunktionen
etc.), sind, soweit übertragbar, in die Gestaltung der Benutzerschnittstelle
mit einbezogen. Dies betrifft Funktionen wie:
-
Navigationstools in Hypertexten
-
Steuerungselemente für Audio- und Videosequenzen
-
Speichern benutzerspezifischer Einstellungen
-
Dateioperationen
-
Retrievalfunktionen
-
Maustastenbelegung
-
Funktionstastenbelegung
-
Anzahl und Vielfalt der Steuerelemente sind auf das
notwendige Maß beschränkt.
-
Steuerelemente finden sich immer an der gleichen Stelle
und haben im gesamten Programm dasselbe Erscheinungsbild. Inaktivierte
Steuerelemente bleiben weiterhin sichtbar, sind aber als inaktiviert eindeutig
zu erkennen.
-
Steuerelemente von audiovisuellen Präsentationen
sind intuitiv (Tape-Deck-Metapher) bedienbar.
-
Anklickbare Elemente sind als solche zu erkennen.
2.4.3. Raumaufteilung
-
Die Raumeinteilung des Bildschirms ist übersichtlich.
-
In standardisierten Bereichen ist prinzipiell immer
die gleiche Art von Information zu finden.
-
Eine Vielzahl von offenen Fenstern wird vermieden.
2.4.4. Farbgestaltung
-
Die Farbgestaltung von Texthintergründen, Masken
und Steuerelementen ist diskret und unaufdringlich. Sie beeinträchtigt
nicht die Lesbarkeit von Texten und die Nutzbarkeit von Bildinformationen.
-
Farbe wird sparsam und nie als alleiniger Informationsträger
eingesetzt.
-
Mit Rücksicht auf farbenblinde Benutzer werden
Kombinationen wie rot / grün oder blau / violett, insbesondere für
Texte und Symbole vermieden. Statt Mischfarben, die sich in Nuancen unterscheiden,
werden "klare" Farben verwendet. Dabei empfiehlt sich eine Umrahmung der
Farben mittels einer schwarzen Linie zur Verstärkung des Kontrasts.
-
Farbensymbolik ist konsistent.
2.4.5. Hilfefunktion
-
Bedienungslogik und Bedienelemente werden in einer Online-Hilfe
erläutert.
-
Alle Hilfen sind grundsätzlich auch am Rechner
verfügbar. Hilfetexte sind separat ausdruckbar.
-
Hilfetexte sind als Hypertexte gestaltet, kontextsensitiv
und mit einem Index versehen. Da Online-Hilfen auch elektronische Publikationen
darstellen, gelten die in diesem Katalog aufgeführten Kriterien.
-
Vorhandensein eines gedruckten Handbuchs ist kein Qualitätskriterium
an sich. Wo eines existiert, ist es verständlich und ansprechend gestaltet,
gut strukturiert mit Inhaltsverzeichnis und verfügt über ein
Stichwortregister.
2.5. Dialog und Didaktik
-
Bei EPMs, die keine reinen Lernprogramme sind, sind
die Lernkomponenten eindeutig von den anderen Teilen der Publikation abgegrenzt.
-
Das Lernpensum ist inhaltlich und bezüglich einer
zeitlichen Abschätzung klar umrissen, der Lernstoff ist modular gegliedert.
-
Die Lernziele werden für einzelne Lernabschnitte
genau angegeben.
2.5.1. Einbettung des zu vermittelnden Wissens
-
Da neu zu erwerbendes Wissen erst durch Integration
mit vorhandenem Wissen seine Bedeutung erlangt, sind Informationen zu Basiskonzepten,
auf denen der Lernprozeß aufbaut, über eine Hypertextumgebung
erreichbar.
-
Da Lernen durch die Ordnung der Wissenspräsentation
bestimmt ist, ist die Kapitel-, Seiten- und Absatzstruktur von Hypertextdokumenten
durch ein vom Lernenden leicht nachvollziehbares Ordnungsprinzip geprägt.
Zur Präsentation textuellen Wissens empfiehlt sich häufig die
Buchmetapher.
-
Da sich Lernstrategien abhängig von Vorwissen,
individuellen Präferenzen sowie Lernzielen unterscheiden, lassen sich
dieselben Inhalte auf unterschiedlichen Wegen erschließen.
2.5.2. Überprüfung des vermittelten Wissens
-
Lerndialoge beschränken sich nicht nur auf geschlossene
Fragen (Multiple-Choice-Aufgaben, Objektmarkierungen), sondern umfassen
auch offene Fragen (Freitext).
-
Die Systemauswertung von Freitexteingabe ist robust
gegenüber orthografischen Varianten und unterstützt Synonyme.
-
Die Bewertung offener Antworten erfolgt hinreichend
korrekt.
-
Die Bewertung von Benutzerantworten ist konstruktiv,
d. h. es wird eine Erläuterung angeboten.
-
Lerndialoge orientieren sich an konkreten Prüfungssituationen
und in der beruflichen Praxis.
-
Eingegebener Text ist vor der Auswertung durch das System
korrigierbar (erst editieren, dann abschicken).
-
Simulationen stellen, falls erforderlich unterstützt
durch grafische und fotografische Elemente, die reale Situation möglichst
realistisch dar bzw. fokussieren die zu beachtenden oder zu verstehenden
Elemente bzw. Vorgänge.
-
Visualisierungen und realitätsnahe Darstellungen
sind so angelegt, daß sie vom Lernenden mit bestehenden Erfahrungen
assoziiert werden können.
-
Rezeptive Sequenzen knüpfen an eine spezielle Fragestellung
an und können nach dem Abspielen aufgearbeitet werden.
-
In den Lernvorgang eingebettete Problemlösungsaufgaben
sind geeignet, das erworbene Wissen anzuwenden und somit zu verfestigen.
-
Konkrete Beispiele und Fallbeispiele erleichtern das
Erlernen neuer Konzepte.
-
In die Lernumgebung integrierte Wissensabfragen geben
einerseits dem Lernenden Rückmeldung über den Lernfortschritt
und erlauben andererseits eine benutzeradäquate Steuerung des Lernwegs.
-
Die Technik der Wissensüberprüfung ist dem
Gesamtcharakter des Systems angepaßt und geht deswegen ggf.
über rein textuelle Möglichkeiten hinaus. Werden beispielsweise
verstärkt interaktive Techniken wie Simulationen zum Wissenserwerb
eingesetzt, werden derartigeTechniken auch bei der Wissensüberprüfung
genutzt.
-
Die Wissensüberprüfung orientiert sich an
realen Prüfungsmodalitäten und -sequenzen.
-
Bei Wissensabfragen wird folgenden Aspekten Rechnung
getragen:
-
Positive Verstärkung
-
Abwechslung
-
Sinnvolle Formulierung von Distraktoren bei Multiple-Choice-Aufgaben
-
4 bis 8 Antwortalternativen bei Multiple-Choice-Aufgaben
-
Staffelung von Lösungshinweisen
-
Korrektive Rückmeldungen mit Vertiefungsmöglichkeit
-
"Intelligente" Fragenpräsentation auch in Abhängigkeit
des bisherigen Antwortverhaltens
-
Fragenpräsentation wahlweise auch nach dem Zufallsprinzip
als "Quiz"
-
Überspringen von Fragen
-
Möglichkeit, die richtige Lösung abzurufen
-
Textuelle und grafische Rückmeldung des Lernfortschritts
-
Nach Abarbeitung der einzelnen Lerneinheiten ist eine
bewertende Rückmeldung der Sitzung abrufbar.
2.5.3. Dialog / Navigation
-
Eine Orientierung innerhalb des Lernpfads ist jederzeit
möglich.
-
Bearbeitete Bereiche sind als solche markiert.
-
Trainingssitzungen können unterbrochen und wiederaufgenommen,
aber auch vorzeitig beendet werden. Ein Wiederaufsetzpunkt nach einer Unterbrechung
ist leicht ansteuerbar.
-
Der Grad zweckmäßiger Selbststeuerung ist
von der Zielgruppe abhängig. Für Anfänger wird eine "guided
tour" mit geringem Selbststeuerungsbedarf angeboten.
-
Der Grad zweckmäßiger Selbststeuerung ist
auch vom Inhalt abhängig. In Lernsystemen, in denen für das Verständnis
der Inhalte eine strenge sachlogische Folge besteht, darf die Selbststeuerbarkeit
nicht dazu führen, daß die Sequenz der Wissenselemente unmerklich
verlassen wird.
-
Es besteht die Möglichkeit, den Grad der Selbststeuerung
vorzugeben und während der Benutzung die Kompetenz zur Selbststeuerung
schrittweise auf- oder abzubauen.
2.5.4. Motivation
-
Aktivierende, z. B. spielerische Elemente verhindern
das Aufkommen von Monotonie.
-
Wettkampfähnliche Elemente (High-Score-Tabellen
etc.) erhöhen die Motivation.
-
Dramaturgische Elemente werden motivationsfördernd
eingesetzt (Einbettung in Rahmenhandlung, Simulation, Rollenspiel, Spannungselemente,
Cartoons, Humor, rhetorische Fragen). Die Wahl dieser Elemente erfolgt
in Anlehnung an das Kommunikationsverhalten der Zielgruppe.
2.6. Extensibility
Das System bietet dem Benutzer die Möglichkeit,
Teile der Inhalte zu modifizieren und eigene Informationseinheiten (Fälle)
zu ergänzen.
|
-
ADGA Systems International (1996): Instruction
and Design Principles for Multimedia Computer Based Training.
-
AKAB (Arbeitskreis Automobilindustrie
Bildung) (1997). CBT-Kriterienkatalog. Version 1.00b.
-
Alessi S, Trollip SR (1991). Computer-based
instruction: methods and development. 2nd edition. Englewood Cliffs, NJ:
Prentice Hall.
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Apple Computer (1992). Macintosh Human
Interface Guidelines. New York: Addison-Wesley. http://devworld.apple.com/dev/techsupport/insidemac/HIGuidelines/
HIGuidelines-2.html
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Auhuber TC (1998). Entwicklung und Evaluation
eines computergestützten Lernsystems in der Medizin. MicroPat - ein
interaktiver Atlas der Histopathologie mit adaptierbarem Tutor. Europäische
Hochschulschriften VII/D/31. Frankfurt am Main - Berlin - Bern - New York
- Paris - Wien: Lang.
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Barth A (1995). Elektronische Information
und Publikation: Strategie und Konzepte aus der Perspektive des FIZ Karlsruhe.
http://www.vchgroup.de/
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Benyon D, Stone D, Woodroffe M (1997):
Experience with Developing Multimedia Coursware for the World Wide Web:
The Need for better Tools and clear Pedagogy. International Journal for
Human Computer Studies. 47: 197 - 218.
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Bonsiepe G (1996). Der Designer im Netz.
http://www.ds.fh-koeln.de/~bonsiepe/desnetz.html
-
Euler D (1992). Didaktik des computerunterstützten
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